Symbolbild: Ein Mann trägt eine AfD-Kappe. (Quelle: dpa/Sebastian Willnow)

Berlin Brandenburg "Gesichert rechtsextremistisch": Neue Einstufung der AfD befeuert Debatte über Verbotsverfahren

Stand: 02.05.2025 17:40 Uhr

Die AfD wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz jetzt als "gesichert rechtsextremistisch" geführt. Das befeuert erneut eine Debatte zu einem Verbotsverfahren. Auch Politiker aus Berlin und Brandenburg beziehen Stellung.

Die Einstufung der AfD als "gesichert rechtsextremistisch" durch das Bundesamt für Verfassungsschutz hat in Berlin und Brandenburg unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Vertreter der AfD kritisieren die Entscheidung - CDU, SPD und Grüne halten sie dagegen für nachvollziehbar.
 
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte am Freitag über die neue Einstufung informiert. Grund sei eine "die Menschenwürde missachtende, extremistische Prägung der Gesamtpartei", teilte der Verfassungsschutz mit. Bisher hatten die Behörden nur die Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt entsprechend bewertet. Auf Bundesebene galt die AfD bislang lediglich als rechtsextremer "Verdachtsfall".

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Die Bundessprecher der AfD, Alice Weidel und Tino Chrupalla sprachen in einer Pressemitteilung von einem "schweren Schlag gegen die bundesdeutsche Demokratie". In aktuellen Umfragen führe die AfD als stärkste Kraft. Die Bundesregierung sei nur noch vier Tage im Amt. Zudem sei "die Einstufung als sog. 'Verdachtsfall' nicht rechtskräftig abgeschlossen", hieß es.
 
Trotzdem werde die AfD als Oppositionspartei nun kurz vor dem Regierungswechsel öffentlich diskreditiert und kriminalisiert, so Weidel und Chrupalla weiter. Der "damit verbundene, zielgerichtete Eingriff in den demokratischen Willensbildungsprozess" sei daher "erkennbar politisch motiviert". Die AfD werde sich dagegen weiter juristisch zur Wehr setzen, kündigten beide an.
 
Die Landes- und Fraktionsvorsitzende der Berliner AfD, Kristin Brinker, sagte, das Vorgehen des Verfassungsschutzes sei "hochgefährlich". Dies gebe es eigentlich nur in autoritären Systemen, "und es wirft die Frage nach dem Zustand der deutschen Demokratie auf."
 
Der Landesvorsitzende der AfD Brandenburg, René Springer, teilte mit, diese Entscheidung sei von einer abgewählten Bundesregierung auf den letzten Metern getroffen worden – "gestützt auf ein geheim gehaltenes Gutachten". Ein solcher Vorgang sei ein beispielloser Missbrauch staatlicher Macht und der Versuch, "die demokratische Konkurrenz mit geheimdienstlichen Mitteln auszuschalten", so Spinger weiter.

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Vertreter von CDU, SPD und Grünen in Berlin und Brandenburg begrüßten dagegen die neue Einstufung der AfD.

 
Der Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sagte dem rbb: "Mich überrascht diese Einstufung nicht. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten eine Entwicklung gerade auch bei der AfD festgestellt, die immer wieder extremer und radikaler wurde." Das Urteil müsse sich nun genau angeschaut werden. "Da die AfD im Berliner Abgeordnetenhaus heute schon keine Rolle spielt, da sie sich jeglicher konstruktiver Debatten entzieht, wird das erstmal keine Auswirkungen haben", so Wegner weiter.

Die Brandenburger Innenministerin Katrin Lange (SPD) hält ungeachtet der Einstufung der AfD als "gesichert rechtsextremistisch" eine stärkere politische Auseinandersetzung mit der Partei für notwendig. Ein Verbotsverfahren gegen die AfD lehnt Lange ab.

 
"Die heutige Entscheidung des Bundes ändert nichts daran, dass die politische Herausforderung durch die AfD in erster Linie auch politisch beantwortet werden muss. Daran mangelt es ausweislich der Verdoppelung des AfD-Wahlergebnisses auf Bundesebene von 2021 bis 2025 nach wie vor", sagte Lange. Notwendig bleibe daher "eine Verstärkung der streitbaren inhaltlichen Auseinandersetzung" mit der Partei. Es müssten die Ursachen für den Wahlerfolg der AfD in den Blick genommen werden.

 
Den Zeitpunkt der Bekanntgabe wenige Tage vor der Bildung der neuen Bundesregierung kritisierte Lange als unglücklich. "Die Länder sind erst heute Morgen über die beabsichtigte Entscheidung informiert worden", so die Innenministerin in einer Mitteilung aus ihrem Haus.

Die Berliner Landesvorsitzenden der Grünen, Nina Stahr und Philmon Ghirmai, forderten hingegen, dass nun ein Verbotsverfahren angestrebt werden sollte. Das Grundgesetz sehe ein solches Instrument vor, um den verfassungsfeindlichen Bestrebungen der AfD Einhalt zu gebieten.
 
Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) forderte, dass ein Parteiverbot umgehend geprüft und angestoßen werden müsse. Es sei nicht erst seit heute klar, "dass die AfD rassistische und demokratiefeindliche Positionen vertritt und damit eine Gefahr für die Demokratie in unserem Land darstellt", teilte sie mit.

Auch der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh dringt auf ein Verbot der Partei. Ein Verbotsverfahren sei unausweichlich, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Der Umfragezuspruch für die AfD darf uns nicht abhalten, das Richtige zu tun, sondern stellt den Handlungsauftrag dar."

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Die Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) äußerte sich zurückhaltender mit Blick auf ein mögliches Verbotsverfahren. Sie begrüße zwar die Entscheidung des Verfassungsschutzes. Doch sei ein Parteiverbotsverfahren nicht zwangsläufig die Folge, sagte sie der "Welt am Sonntag". "Die Entscheidung darüber, ob ein solches eingeleitet wird, liegt bei den antragsberechtigten Verfassungsorganen und ist eine politische Entscheidung."
 
Auch der Brandenburger CDU-Fraktionschef Jan Redmann warnte davor, jetzt sofort ein Verbotsverfahren gegen die Partei anzustreben. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass die Hürden dafür sehr hoch seien, betonte er.
 
 
 
Sendung: Radioeins, 02.05.2025, 17 Uhr