Symbolbild: Ein Pressesprecher des Zolls präsentiert auf einem Medientermin einen kleinen Teil des sichergestellten Kokains. (Quelle: dpa/Brandt)

Berlin Drogenkriminalität: Handel mit Kokain in Berlin weitet sich stark aus

Stand: 30.04.2025 06:46 Uhr

Berliner Drogendealer verkaufen immer mehr Kokain - und immer weniger Cannabis. Das zeigen neue Zahlen der Polizei, die dem rbb vorliegen. Von Sebastian Schöbel

Die Drogenkriminalität in Berlin konzentriert sich immer stärker auf Kokain, während der illegale Handel mit Cannabis mehr und mehr abebbt. Das zeigen aktuelle Zahlen aus einer parlamentarischen Anfrage der SPD, die dem rbb exklusiv vorliegt.
 
Demnach erfasste die Berliner Polizei im vergangenen Jahr fast 2.500 Fälle von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz im Zusammenhang mit Kokain. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme von gut zwanzig Prozent. Besonders der Handel mit Kokain in nicht geringer Menge ist in Berlin weiter gewachsen, um fast 80 Prozent.

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BKA befürchtet "Kokain-Schwemme"

Damit scheint sich die Befürchtung von Holger Münch, dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes, zu bestätigen, wonach Deutschland eine "Kokain-Schwemme" drohe. Münch hatte vergangene Woche in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gewarnt, dass der Handel mit Kokain in Europa stark zunehme. Die Barmer-Krankenkasse gab an, dass immer mehr Menschen wegen ihres Kokainmissbrauchs in ärztlicher Behandlung seien: Allein in Berlin seien es 2023 über 7.200 Betroffene gewesen. Besonders stark betroffen seien Männer zwischen 20 und 39 Jahren.

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Zahl der legalen Cannabis-Plantagen wächst

Die Zahl der festgestellten Verstöße im Zusammenhang mit Cannabis in Berlin ist derweil um mehr als die Hälfte zurückgegangen, von mehr als 7.200 Fällen im Jahr 2023 auf nur noch knapp 3.200 Fälle im vergangenen Jahr. Die Zahl der Fälle von illegalem Handel mit Cannabisprodukten ist um fast 60 Prozent zurückgegangen.
 
Damit zeigt die von der Ampel-Regierung beschlossene teilweise Legalisierung von Cannabis Wirkung: Seit April 2024 ist der Besitz von maximal 25 Gramm Cannabis in der Öffentlichkeit erlaubt, genauso wie der kontrollierte Anbau zum privaten Gebrauch in Anbau-Vereinigungen, allerdings mit Einschränkungen. Wegen Unklarheiten bei der Zuständigkeit verlief die Umsetzung in Berlin aber holprig: Der erste Berliner Cannabis-Anbau-Club wurde Ende 2024 noch vom Bezirk Marzahn-Hellersdorf zugelassen, danach übernahm das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), das im Januar erstmals einen solchen Verein in Treptow-Köpenick genehmigte.
 
Inzwischen hat des Lageso weitere vier Clubs zugelassen, weitere 18 Anträge sind in Bearbeitung, wie eine Lageso-Sprecherin auf rbb-Nachfrage sagte.

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Legalisierung hält Schwarzmarkt für Cannabis nicht auf

Die SPD-Innenexperten Sebastian Schlüsselburg und Martin Matz, die die parlamentarische Anfrage gestellt hatten, bezeichneten das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis als erfolgreiche Entlastung der Polizei. Diese können sich nun auf die gefährlicheren Bereiche der Drogenszene konzentrieren. "Der Zuwachs bei Kokain und Crack ist nämlich tatsächlich besorgniserregen", so Matz und Schlüsselburg. Gleichzeitig müsse die Prävention und das Drug-Checking verstärkt werden.
 
Seit der Teil-Legalisierung ist allerdings auch der Import von Cannabisprodukten für medizinische und wissenschaftliche Zwecke sprunghaft angestiegen. Die Menge stieg von 8,1 Tonnen im 1. Quartal des vergangenen Jahres auf 31,7 Tonnen im 4. Quartal, wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zuletzt mitteilte.
 
Auch die illegale Einfuhr von Cannabis wurde von der Legalisierung offenbar nicht zurückgedrängt: Anfang April entdeckte der Zoll am Flughafen Berlin-Brandenburg im Gepäck von zwei japanischen Reisenden insgesamt 68 Kilogramm Cannabis – der bislang größte Drogenfund am BER. Kurz darauf fanden die Zöllner noch einmal knapp 50 Kilogramm Cannabis im Koffer einer jungen Deutschen. Auffällig: In beiden Fällen waren die Täter aus Doha eingereist.

Im Kampf gegen Drogendealer konnte die Berliner Justiz im vergangenen Jahr Vermögenswerte in Höhe von rund 5 Millionen Euro beschlagnahmen. Es gingen mehr als 18.000 Verfahren wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz oder das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis ein. Die Gerichte fällten rund 640 Urteile, wobei mehr als 200 Freiheitsstrafen verhängt wurden.

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