Luftbild der Marinefunksendestelle und des Längstwellensenders der Deutschen Marine in Rhauderfehn (Landkreis Leer).
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Drohnenflüge Spionageverdacht im Moor

Stand: 30.04.2025 16:00 Uhr

Im Saterland bei Ostfriesland befindet sich eine hochsensible Einrichtung der Marine. Kürzlich wurden dort Drohnenflüge festgestellt. Ein Wachsoldat entdeckte zudem verdächtige Personen.

Von Florian Flade, WDR und Manuel Bewarder, WDR/NDR

Acht riesige, rot-weiße Antennen ragen in Ramsloh bei Emden in den Himmel. Sie sind beeindruckende 352 Meter hoch. Deutschlands höchstes Gebäude, der Berliner Fernsehturm, ist nur knapp zehn Meter höher. Hier, in der Moorlandschaft des Saterlandes, befindet sich eine Funksendestelle der Marine, eine hochsensible militärische Einrichtung.

Seit mehr als 40 Jahren wird mithilfe der Mastantennen sichergestellt, dass die U-Boote der deutschen Marine und der verbündeten NATO-Staaten per verschlüsseltem Funk ihre Befehle erhalten - auch wenn sie weit draußen unterwegs sind.

Mitte April machte nach Recherchen von WDR und NDR ein Soldat, der zum Wachschutz der Marinedienststelle abgestellt war, bei einem Rundgang eine verdächtige Beobachtung: Drei Männer waren offenbar mit einem Transporter in der Nähe der Sendeantennen unterwegs. Mehrere Drohnen sollen sie steigen gelassen haben, darunter ein auffällig großes Flugobjekt.

Etwas auf Russisch zugerufen?

Der wachhabende Soldat soll sich dem Trio, das sich außerhalb der Militäranlage aufgehalten habe, genähert und dieses durch den Zaun angesprochen haben. Dabei soll einer der Männer ihm etwas auf Russisch zugerufen haben, wie der Soldat später offenbar zu Protokoll gab. Dann, so heißt es, verschwanden die mutmaßlichen Drohnenpiloten mit dem Fahrzeug wieder. Die Polizei, die der Recherche zufolge alarmiert worden war, habe die verdächtigen Personen nicht mehr angetroffen.

Sowohl das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (MAD) als auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sind nach Informationen von WDR und NDR mit dem Sachverhalt inzwischen befasst. Eine Sprecherin der örtlichen Polizeiinspektion Leer/Emden teilte auf Anfrage mit, dass der beschriebene Sachverhalt bekannt sei.

"Die verdächtigen Personen konnten bislang nicht identifiziert werden." Nach rechtlicher Würdigung durch die Staatsanwaltschaft Aurich lägen die Voraussetzungen für die Einleitung eines Strafverfahren nicht vor. Das Bundesverteidigungsministerium teilte auf Anfrage lediglich mit, dass es aus Gründen der militärischen Sicherheit keine Auskunft auf die Fragen geben kann.

Zahl der Drohnensichtungen stark gestiegen

Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 hat die Zahl der verdächtigen Drohnensichtungen in Deutschland stark zu genommen. Vor allem über militärischen Einrichtungen wie Bundeswehrkasernen und Truppenübungsplätzen, aber auch über Anlagen der kritischen Infrastruktur - wie Industrie- und Chemieparks - kam es gehäuft zu Sichtungen von Flugobjekten.

In einigen Fällen handelte es sich nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden um ungewöhnlich große Drohnen, die eher nicht von Hobbypiloten eingesetzt werden.

In den Sicherheitsbehörden besteht der Verdacht, dass etwa russische Geheimdienste oder von russischen Stellen angeworbene Agenten für einige der verdächtigen Drohnenflüge verantwortlich sein könnten.

Eine Abwehr der Drohnen ist bislang kaum gelungen. Und auch die Identifizierung der Drohnenpiloten erweist sich als große Herausforderung. Oft sind die Flugobjekte nachts unterwegs, fliegen sehr schnell und meist nur für wenige Minuten. Eine Nachverfolgung gelang nur in sehr wenigen Ausnahmefällen, die üblichen Abwehrmittel wie Jammer, mit denen die Funksignale zu Drohnen gestört werden könnten, zeigten bislang kaum Wirkung.

Drohneaufnahmen von einem Marinestützpunkt

Am 27. März wurde nach Informationen von WDR und NDR in Wilhelmshaven ein Drohnenpilot von der Polizei identifiziert und festgenommen. Der 39-Jährige aus Wilhelmshaven soll mit einer Drohne Aufnahmen von einem Marinestützpunkt gemacht haben. Er war bereits kurz zuvor wegen Drohnenflügen polizeilich festgestellt worden.

Gegen den Mann sind inzwischen zwei Strafverfahren wegen des Verdachts des sicherheitsgefährdenden Abbildens einer militärischen Einrichtung und fünf Ordnungswidrigkeiten anhängig. Hinweise auf einen Spionagehintergrund soll es hier allerdings nicht geben.

In Sicherheitskreisen heißt es, ein Problem sei, dass die Zuständigkeit des Bundeswehrwachpersonals unmittelbar an der Grenze der Bundeswehreinrichtungen ende. Außerhalb davon sei die Polizei zuständig - diese würde aber oftmals erst mit Verzögerung eintreffen. Das führe dazu, dass in einigen Fällen Drohnenpiloten nicht festgenommen werden konnten.

Drohnenabwehr mit Waffengewalt?

Die scheidende Bundesregierung hatte noch eine Gesetzesänderung im Kabinett beschlossen. Demnach soll die Bundeswehr in Ausnahmefällen auch mit Waffengewalt Drohnen abwehren dürfen, wenn die örtlichen Polizeibehörden nicht über notwendige Mittel verfügen und unmittelbare Gefahr besteht.

An der Praktikabilität dieses Gesetzesentwurfes gab es behördenintern allerdings auch schon Kritik. Die Änderung des Luftsicherheitsgesetzes war vom Bundesinnenministerium und dem Verteidigungsministerium erarbeitet worden, im alten Bundestag aber nicht mehr beschlossen worden.