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Rheinland-Pfalz Neugründungen in RLP trotz wirtschaftlich schlechter Zeiten stabil

Stand: 30.04.2025 20:13 Uhr

Schwere Zeiten für die Wirtschaft: Während einige Firmen um ihre Existenz kämpfen, wagen andere den Schritt in die Selbstständigkeit und gründen ihr eigenes Unternehmen. 2024 blieb die Zahl der Neugründungen in Rheinland-Pfalz stabil.

Liana Sulejmanova hat sich in Kaiserslautern mit einem Töpfercafé einen Traum verwirklicht. Hier treffen Cappuccino und Matcha Latte auf kreatives Handwerk: Gäste genießen Kaffee und Kuchen von selbst getöpfertem Geschirr und können abends in der integrierten Werkstatt das Töpfern selbst ausprobieren. Seit der Eröffnung ist das Café ein voller Erfolg. "Man muss es riskieren, sonst würde man gar nicht wissen, ob es vielleicht nicht doch funktioniert hätte", sagt Sulejmanova.

Liana Sulejmanova sortiert Blumen in einer selbstgetöpferten Vase. Sie hat sich in Kaiserslautern mit einem Töpfercafé einen Traum verwirklicht.

Liana Sulejmanova hat sich in Kaiserslautern mit einem Töpfercafé einen Traum verwirklicht. Gäste genießen Kaffee und Kuchen von selbst getöpfertem Geschirr und können abends in der integrierten Werkstatt das Töpfern selbst ausprobieren.

Neugründungen 2024 fast so hoch wie 2023

Ähnlich wie Liana Sulejmanova denken auch andere Gründer und Gründerinnen in Rheinland-Pfalz: Sich einen Traum erfüllen und selbständig machen. Im vergangenen Jahr war die Zahl der Neugründungen ähnlich hoch wie im Jahr davor. Das belegen Zahlen der Industrie- und Handelskammern und der Handwerkskammern in Rheinland-Pfalz.

"2024 gab es 34.508 Gewerbeanmeldungen und damit gerade mal ein Prozent weniger als noch 2023. Demgegenüber standen 30.856 Gewerbeabmeldungen", sagt Oliver Sacha von der IHK Rheinhessen. Er ist Leiter der Abteilung Unternehmensgründung und Unternehmensförderung und kennt die Zahlen für alle IHK und HwK im Land.

Die größten Gründungsbranchen, sagt Sacha, seien mit etwa 20 Prozent der Einzel- und Großhandel, gefolgt von den wirtschaftlichen Dienstleistungen, wie Garten- und Landschaftsbau mit 15 Prozent und den persönlichen Dienstleistungen, wie Handwerk, Friseur oder Nagelstudio mit 13 Prozent.

Gute Rahmenbedingungen für Gründer in Rheinland-Pfalz

Die Gründe, warum Menschen ein Unternehmen gründen, sind vielschichtig. Das hänge nicht nur von der wirtschaftlichen Lage ab, sagt Professor Michael Graef von der Hochschule Worms. Er lehrt schwerpunktmäßig internationale Existenzgründung und internationale Unternehmensführung.

Klar, schwinde in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Zahlungsbereitschaft und die Offenheit der Menschen, mal neue Dinge oder neue Dienstleistungen auszuprobieren. Das mache eine Neugründung schwerer.

Doch die wirtschaftliche Situation ist nur ein Faktor. Genauso wichtig seien zum Beispiel auch die Rahmenbedingungen für Neugründungen. Und da stehe Rheinland-Pfalz sehr gut da, betont Graef. "Rheinland-Pfalz hat extrem viele Initiativen, Förderpreise, Innovationspreise oder Beratungsmöglichkeiten für Neugründer". Das Land mache sehr viel dafür, mehr Gründer und Gründerinnen zu bekommen und sie zu fördern.

Wir haben die Tendenz, nach Lösungen zu suchen, die erst hundert Prozent perfekt sein müssen, bevor wir uns dann an das Thema Existenzgründungen heranwagen. Professor Michael Graef, Hochschule Worms

Unterstützung gibt es beispielsweise nicht nur im Gründungsbüro und Kreativlabor der Hochschule Worms, sondern auch in den 31 rheinland-pfälzischen Starterzentren der Wirtschaftskammern. Da werden unter anderem persönliche Beratungen, Gründungsseminare oder Steuerberater- und Rechtsanwaltssprechtage angeboten.

Gründer wollen meist hundertprozentige Sicherheit

"Aber warum sind wir denn nicht die allererste Start-up-Nation in der Welt, wo wir doch so gute Fördermöglichkeiten haben?" Die persönlichen Faktoren seien mindestens genauso entscheidend, sagt Graef. Die Deutschen setzten eher auf Sicherheit. Und Existenzgründung bedeutet eben auch immer Unsicherheit. Gründe ich ein Unternehmen oder nehme ich lieber einen sicheren Job an? Da falle die Wahl meist auf letzteres.

"Wir haben die Tendenz, dass wir dazu neigen, nach Lösungen zu suchen, die erst hundert Prozent perfekt sein müssen, bevor wir uns dann an das Thema Existenzgründungen heranwagen", so Graef. In anderen Kulturen sei das anders. "Da sagt man, ich probiere es halt mal und gucke einfach mal, was passiert. Wenn ich scheitere, ist das nicht so schlimm."

Immer mehr Menschen aus Drittstaaten machen sich selbständig

Das spiegele sich auch in den Zahlen der Gewerbeanmeldungen wider, sagt Oliver Sacha von der IHK Rheinhessen. 2024 habe der Anteil der Menschen aus Drittstaaten, wie Türkei, Ukraine oder Syrien, zugenommen. Meist seien es einfache Dienstleistungen, die angeboten würden, sagt Sacha. Aber grundsätzlich sei die Gründungsbereitschaft bei diesen Menschen höher, so nach dem Motto, ich habe ja nicht viel zu verlieren.

Der Gründungsgeist hängt also nicht unbedingt von der Wirtschaft ab. Es gibt weitere Faktoren. "Auch in unternehmerisch schlechten Zeiten kann ich ein Unternehmen gründen", betont Graef. "Wenn ich eine gute Idee, ein gutes Geschäftsmodell habe, wenn ich etwas entwickle, wofür die Leute bereit sind, Geld zu bezahlen, dann funktioniert das auch in solchen Zeiten."

Sendung am Mi., 30.4.2025 19:30 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP

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