Symbolbild: Ermittlungen gegen Rechtsextreme in Brandenburg (Bild: dpa/tnn/Sven Kaeuler)

Brandenburg Verhinderter Anschlag auf Flüchtlingsheim in Senftenberg im Februar: Journalistin gab Hinweis

Stand: 30.04.2025 13:17 Uhr

Ermittler haben im Februar einen Anschlag auf ein Flüchtlingswohnheim in Senftenberg verhindert. Die Generalstaatsanwaltschaft bestätigte jetzt, dass ein entscheidender Hinweis von einer Journalistin kam.

Einen mutmaßlich geplanten Anschlag auf eine Asylunterkunft im brandenburgischen Senftenberg haben sächsische Ermittler dank der Hinweise einer Journalistin verhindert. Dies bestätigte die Generalstaatsanwaltschaft Dresden der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Dienstag.
 
Die Journalistin war Teil eines größeren Teams aus Journalisten von "Stern" und RTL, das monatelang in der rechten Szene recherchierte. Hilfreich gewesen seien die Recherchen des Reporterteams auch für Ermittler, die sich um die Aufklärung des Brandanschlags auf das Kulturhaus "Kultberg" in Altdöbern (Oberspreewald-Lausitz) im vergangenen Oktober kümmern [stern.de].

Das mutmaßliche Ziel des Anschlags, ein Asylbewerberheim in Sedlitz (Ortsteil von Senftenberg) (Quelle: rbb)
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Journalistischer Hinweis führt zu Ermittlungen in Senftenberg

Im Fall der Asylunterkunft in Senftenberg waren am 12. Februar im sächsischen Meißen eine Wohnung und eine weitere Immobilie durchsucht worden. Dabei wurde nach Auskunft der Generalstaatsanwaltschaft Dresden Sprengstoff in Form von zwei Kugelbomben gefunden, außerdem Schlagringe, Einhandmesser, Munition, Schreckschuss- und Softairwaffen.
 
Ein 21-Jähriger, der am Tag der Durchsuchung festgenommen wurde, soll sich damit für einen Anschlag auf eine Asylunterkunft in Senftenberg ausgestattet haben. Staatsanwalt Patrick Pinaske bestätigte der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag, das Ermittlungsverfahren sei aufgrund der Hinweise einer Journalistin eingeleitet worden. Wie das Landeskriminalamt und das Reporterteam übereinstimmend gegenüber der dpa berichten, lagen zwischen dem Hinweis und den Durchsuchungen nur wenige Stunden.

Bei den Kugelbomben handelte es sich laut Staatsanwaltschaft um industriell hergestellte Pyrotechnik.
 
Wie der "stern" auf seiner Webseite berichtet, habe man die verdeckte Reporterin in zwei rechte Chat-Gruppen eingeschleust. Sie habe miterlebt, so der Bericht, "wie ein Mann von 21 Jahren mit mindestens einem Kameraden aus einer Gruppe namens 'Letzte Verteidigungswelle' mutmaßlich einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft plante." Ebenso habe sie den Kauf der Kugelbomben mitbekommen. Diese Information hat sie an die Strafermittlungsbehörden weitergegeben.

Blick in das Kulturhaus nach dem Brand (Foto: rbb/Fösch)
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Brand des "Kultberg" in Altdöbern: Hinweise kamen von Rechercheteam "stern" und RTL

Im zweiten Fall erwiesen sich die Recherchen desselben Reporterteams als hilfreich auch bei der Aufklärung eines Brandanschlags auf ein Kulturhaus "Kultberg" in Altdöbern (Oberspreewald-Lausitz) im Oktober 2024.
 
Nachdem die Polizei zunächst einen technischen Defekt als Brandursache vermutet hatte, wird inzwischen wegen schwerer Brandstiftung ermittelt. Der "stern" berichtet, dass das Reporterteam im Chat unter anderem auf Videos stieß, die eine schwere sowie versuchte schwere Brandstiftung im Fall Altdöbern zeigen sollen. "Im Laufe der Recherchen ergaben sich konkrete Hinweise darauf, dass Mitglieder der Chatgruppe LVW, kurz für 'Letzte Verteidigungswelle', an den auf den Videos dokumentierten Taten beteiligt waren", so die Berichterstattung des Magazins. "Ein Wissen, das die Sicherheitsbehörden bis zu den Anfragen des Reporterteams offenbar nicht hatten."
 
Aus Ermittlerkreisen hieß es, von der Tat gebe es zwei Videos aus verschiedenen Perspektiven. Das Video, auf das die Journalisten hingewiesen hätten, sei für die Identifizierung eines tatverdächtigen Jugendlichen nützlich gewesen seien, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Cottbus gegenüber der dpa.

Die "Letzte Verteidigungswelle" gilt als überregional vernetzte Gruppierung gewaltbereiter junger Rechtsextremisten, die der Verfassungsschutz momentan auf dem Schirm hat. Ihr gehört nach Informationen aus Sicherheitskreisen bundesweit eine mittlere zweistellige Zahl von Extremisten an. Ihnen wird eine hohe Gewaltaffinität attestiert.

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