
Strengere Regeln für Biomüll Zu viel Dreck im Müll
Seit diesem Monat muss Biomüll laut Gesetz besser getrennt werden. Der Anteil an Plastik oder Metall ist bislang zu hoch. Dabei bietet der Abfall große Chancen zur Energiegewinnung.
Es ist heiß und die Luft stinkt beißend in der großen Halle in Sankt Augustin. Philip Moll, Pressesprecher der Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft, blickt von einer Plattform auf den meterhohen Berg an Biomüll. "Wir haben hier Rohstoffe ohne Ende im Biomüll. Das ist ein wirklich kostbares Gut, das wir weiterverwenden", sagt Moll.
Im Minutentakt schieben sich große Müllfahrzeuge in die Halle und laden den Biomüll ab: Rasenschnitt, Gartenabfälle, Kartoffelschalen, ausgepresste Orangen. Aber leider auch immer mehr Material, das hier nicht hingehört. "Das erleben wir leider tagtäglich. Wir haben extrem viel Kunststoff mit im Biomüll. Aber auch viele Kronkorken oder Altmetall ist im Biomüll mit drin", sagt Moll. Auf dem modernen Gelände der RSAG wird zum einen Bioabfall zu frischem Kompost verarbeitet, zum anderen Biogas gewonnen. Aber dafür muss der Biomüll gut gesiebt und gereinigt werden.
Jedes Gramm Plastik und anderer Müll bei der Kompostierung von Bioabfällen bereitet dem Team vor Ort Probleme und zieht zusätzliche Entsorgungskosten nach sich. "Wir haben hier einen großen Magneten als Erstes", sagt Moll und zeigt auf ein großes Förderband, das den Biomüll in die Anlage bewegt. "Da wird direkt das Altmetall raussortiert. Dann geht es über weitere Siebe, die immer feiner werden, so dass wir Kunststoffe und anderes raussortieren können." Am Ende liegt ein Haufen, so groß wie eine Garage, voll mit Plastiktüten, alten Blumentöpfen und anderen Plastikfetzen.

In der Halle ist es stickig und warm durch den Biomüll.
Mikroplastik bleibt im Kompost zurück
"Wir stecken in einer Plastik- und Gesundheitskrise", sagt Janine Korduan, BUND-Expertin für Kreislaufwirtschaft. Kunststoffe, die nicht aussortiert werden können, verbleiben als Mikroplastik im Kompost. Wird dieser dann als Dünger in der Landwirtschaft genutzt, landet das Mikroplastik wieder in der Lebensmittelproduktion.
"Die Plastikproduktion und auch die Mikroplastikverschmutzung wird sich verdreifachen, wenn wir nichts dagegen tun. Plastik enthält viele Chemikalien, die problematisch sind und für die Gesundheit schädlich." Plastik- und anderer Müll sollen reduziert werden. Denn Fremdstoffe dürfen nicht mehr als drei Prozent des Gewichtanteils betragen. Bisher ist der Anteil an Störstoffen noch deutlich höher.
Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft geht davon aus, dass aktuell bis zu fünf Prozent des Mülls in einer Biotonne dort nicht rein gehört.
Strengere Regeln gegen Fremdstoffe
Bund und Länder haben bereits Änderungen beschlossen. Ziel ist es vor allem, den Eintrag von Kunststoffen, insbesondere Mikroplastik, und anderen Fremdstoffen in die Umwelt zu reduzieren. Sowohl strengere Vorschriften für die Sortierung des Bioabfalls als auch für die Weiterbehandlung und Verwertung durch die Abfallentsorgungsunternehmen sollen den Anteil von Fremdstoffen verringern und die Qualität des Recyclings verbessern.
"Mit der neuen Regelung sollen solche Verschmutzungen im Boden und im Wasser deutlich reduziert werden und damit auch die von Mikroplastik ausgehenden Gefahren für die Menschen und die Natur", so das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.
"Es ist Strafe genug, wenn die Biotonne dann nicht abgeholt wird. Gerade im Sommer ist das sehr ärgerlich. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten verstehen, wie wertvoll Biomüll ist. Denn daraus können wir fruchtbare Erde machen", sagt BUND-Expertin Korduan.
Tonnen-Kontrolle mit Sensoren
Schon seit einigen Jahren ist die Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft falsch befüllten Biotonnen auf der Spur. Dafür setzen sie eigens mit einer speziellen Sensortechnik ausgerüstete Müllfahrzeuge ein, die falsch befüllte Tonnen erkennen. "Zum Teil wird mit den Detektionsgeräten an den Fahrzeugen die Tonne geprüft. Zusätzlich machen unsere Kolleginnen und Kollegen auch Sichtkontrollen und schauen, ob sich da auch nur reiner Biomüll drinnen befindet. Wenn nicht reiner Biomüll vorhanden ist, wird diese Tonne stehen gelassen", sagt Pressesprecher Moll. Der Kunde werde dann aufgefordert, diese nochmal zu sortieren, sonst kommt es zu einer kostenpflichtigen Entsorgung und in härteren Fällen zu Bußgeld.
Werden zu viele Fremdstoffe in der Tonne entdeckt - nämlich mehr als drei Prozent - wird diese erst dann mitgenommen, wenn der falsch getrennte Müll richtig entsorgt worden ist. Die neue Bioabfallverordnung hat zur Folge, dass Entsorgungsfirmen jetzt sanktioniert werden, wenn sie Bioabfall an Behandlungsanlagen von Bioabfällen liefern, der mehr als diese drei Prozent Störstoffe enthält.
Kaffeesatz rein, Plastiktüten raus
Und was darf jetzt in die Biotonne? Hier ändert sich für die Bürgerinnen und Bürger nichts: Nicht biologisch abbaubare Produkte dürfen nicht in die Biotonne. Essensreste, Rasenschnitt, Schalen, Kaffeesatz, Teebeutel, Laub, Blumen - all das darf und soll in die Biotonne, damit es in den Anlagen wie in Sankt Augustin weiterverarbeitet wird.
"Wichtig ist, dass keine Plastiktüten in der Biotonne landen", sagt Moll. "Dazu zählen auch die sogenannten kompostierbaren Tüten. Diese brauchen einfach zu lange, bis sie verrottet sind." Nach der Siebung kommt das grobe Material zur Kompostierung, das Feinere geht weiter in den sogenannten Fermenter, wo das Material luftdicht verschlossen wird, erklärt er den Prozess. Hier beginnt nun die Vergärung mit der Hilfe von Bakterien und Mikroorganismen. Am Ende stellen sie hier Biogas her.
"Die Anlage bei uns ist im Oktober 2023 eröffnet worden", sagt Moll. "Durch den Biomüll können wir 1,9 Millionen Kubikmeter Methangas im Jahr produzieren. Damit können wir dann rund 1.300 Haushalte im Rhein-Sieg-Kreis mit Gas versorgen." Ein Beispiel, wie gut getrennter Biomüll helfen kann, Energie zu erzeugen.