
Merz, Macron, Tusk und Starmer in Kiew Gemeinsames Gedenken am Maidan
Staats- und Regierungschefs von vier europäischen Partnern der Ukraine sind zu Gesprächen in Kiew. Am Maidan gedachten sie zunächst der Opfer des russischen Angriffskrieges. Später soll über eine mögliche Waffenruhe gesprochen werden.
Bei einem Besuch in Kiew haben Bundeskanzler Friedrich Merz, der französische Präsident Emmanuel Macron, der polnische Ministerpräsident Donald Tusk und der britische Premierminister Keir Starmer der Toten des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine gedacht.
An ihrer Seite waren der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und dessen Ehefrau Olena Selenska. An einer provisorischen Gedenkstätte auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz (Maidan) stellten sie Kerzen ab und legten eine Gedenkminute ein. Die Zeremonie fand mit einer ukrainischen Ehrengarde statt.
Laut Ukraine mehr als 43.000 Soldaten getötet
Die Erinnerungsstätte war nach dem russischen Überfall spontan auf einem Rasenstück auf dem Maidan entstanden. Angehörige oder Freunde von Gefallenen wurden über eine Notiz aufgefordert, eine kleine Flagge für jeden Toten auf dem Rasen zu platzieren. Inzwischen erinnert ein Meer von Zehntausenden Flaggen, Fotos und anderen Erinnerungsstücken an die ukrainischen Kriegstoten.
Nach offiziellen Angaben sind mehr als 43.000 ukrainische Soldaten bei den Kämpfen getötet worden. Schätzungen gehen von mehr als der doppelten Zahl aus. Nach UN-Angaben wurden zudem mehr als 13.000 Zivilisten getötet.

Merz, Macron, das Ehepaar Selenskyj, Starmer und Tusk stellten Kerzen an der provisorischen Gedenkstätte in Kiew ab.
Erwartungen der Ukraine an Merz sind hoch
Der gemeinsame Besuch der vier wichtigsten europäischen Partner in Kiew und die erste Reise des neuen Bundeskanzlers dorthin haben große Symbolkraft. Das machte auch der mitgereiste ukrainischen Botschafter Oleksij Makejew deutlich. Es sei ein tolles Zeichen der Unterstützung der Ukraine, sagte er am Rande des Besuchs.
Deutschland sei ein verlässlicher Partner, so Makejew weiter. "Ich hoffe auf Kontinuität, weil Deutschland die Ukraine in den letzten drei Jahren sehr stark unterstützt hat. Aber ich hoffe auch auf Steigerung - qualitative, wie quantitative." Die deutsch-ukrainische Partnerschaft habe mit der neuen Bundesregierung eine neue Ebene erreicht, das spüre er, betonte Makejew.
Die Erwartungen an den Kanzler sind hoch bei den Menschen in der Ukraine. "Ich denke, dass Merz im Vergleich zu Scholz entschlossener wirken wird", so der Politologe Maksym Neswitajlow. "Ich erwarte, dass die Ukraine 'Taurus'-Marschflugkörper bekommt." Zudem könnte die Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und Deutschland im Bereich der Rüstungsindustrie deutlich gestärkt werden; auch seien Investitionen möglich sowie die Entwicklung gemeinsamer Verteidigungsprojekte, so der Politologe.
Europäer fordern 30-tägige Waffenruhe
Merz hatte vor seinem Antrittsbesuch in der Ukraine mit US-Präsident Donald Trump telefoniert. Dessen Forderung nach einer Waffenruhe von 30 Tagen unterstützen die Europäer nun. "Wir bekräftigen unsere Unterstützung für die Forderung von Präsident Trump nach einem Friedensabkommen. Russland ist aufgefordert, die Bemühungen um einen dauerhaften Frieden nicht länger zu behindern", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Merz, Macron, Starmer und Tusk, die sie auf dem Weg nach Kiew veröffentlichten.
Merz: Hoffnung, dass es Verabredung für Waffenstillstand gibt
In seinem Telefonat mit Trump habe der Kanzler den US-Präsidenten über die geplante gemeinsame Erklärung informiert, Trump habe wohlwollend darauf reagiert, hieß es aus Merz' Umfeld. Trump, der mehrmals schon die Sichtweise des Kreml übernommen hatte, verschärfte anschließend auf dem Portal Truth Social den Ton gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und drohte mit Sanktionen, falls Russland sich einer Waffenruhe verweigere.
Merz schloss sich während seines Brüssel-Besuchs vor seiner Reise nach Kiew der Sanktionsdrohung an. "Der Ball liegt jetzt in Moskau, nirgendwo anders", sagte er. Zum Zeitplan für eine Waffenruhe fügte er hinzu: "Ich habe die große Hoffnung, dass es über dieses Wochenende eine Verabredung gibt für einen Waffenstillstand in der Ukraine."
Moskau will Ende der Waffenlieferungen
Russland stellt allerdings Bedingungen: Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte im Interview des US-Senders ABC, es müsse ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine geben. "Andernfalls wird es einen Vorteil für die Ukraine geben."
Die Ukraine würde eine Waffenruhe dazu nutzen, um ihre "totale Mobilmachung" fortzusetzen und neue Truppen an die Front zu bringen, um neues Personal auszubilden und den derzeitigen Kämpfern eine Atempause zu verschaffen, sagte Peskow. Russland selbst komme gerade bei seiner Offensive in der Ukraine voran und habe die Initiative, betonte er.
Mit Informationen von Rebecca Barth, ARD-Studio Kiew