
Konflikt zwischen Indien und Pakistan Die erwartete Eskalation
Der schwelende Konflikt zwischen Indien und Pakistan hat sich über Nacht dramatisch verschärft. Die benachbarten Atommächte lieferten sich nach Luftangriffen die schwersten Kämpfe seit 20 Jahren. Es gibt mehrere Tote.
Mitten in der Nacht hat Indien das umgesetzt, was es seit Wochen angekündigt hatte - einen gezielten militärischen Schlag. "Operation Sindoor". Der Name ist nicht zufällig gewählt: Sindoor ist das rote Pulver, das verheiratete Hindu-Frauen traditionell im Scheitel ihres Haares tragen. Es ist eine symbolische Anspielung auf die Witwen des Anschlags, bei dem 26 Männer getötet wurden.
Die Regierung in Neu-Delhi sprach von einem Angriff auf Terrorziele. Neun Stellungen seien bombardiert und erfolgreich zerstört worden. Auch als präventive Maßnahme, um weitere Angriffe zu verhindern, sagte Vikram Misri, Staatssekretär im indischen Außenministerium.
"Wie Sie wissen, hat Indien heute Morgen von seinem Recht Gebrauch gemacht, auf solche grenzüberschreitenden Angriffe zu reagieren - oder ihnen zuvorzukommen", erklärte er. Diese Maßnahmen seien maßvoll, nicht eskalierend, und verantwortungsvoll gewesen. "Sie konzentrierten sich auf die Zerschlagung der terroristischen Infrastruktur und die Ausschaltung von Terroristen, die wahrscheinlich nach Indien geschickt werden."
Pakistans Armee spricht von "Kriegsakt"
Der nächtliche Angriff führte zu den schwersten Kämpfen zwischen beiden Staaten seit mehr als 20 Jahren. Pakistans Armee erklärte inzwischen, sie habe bereits fünf indische Kampfflugzeuge abgeschossen. An der Grenzlinie zwischen dem pakistanischen und dem indischen Teil Kaschmirs kam es zu intensivem Beschuss und schwerem Gewehrfeuer.
Beide Seiten melden mehrere tote Zivilisten. Pakistan verurteilte den indischen Angriff als "offenkundigen Kriegsakt". "Pakistan hat nur in Selbstverteidigung gehandelt. Es ist Indien, das Pakistan feige angegriffen und unsere territoriale Integrität verletzt und unschuldige Bürger getötet hat", sagte Armeesprecher Ahmed Sharif Chaudry.
Unter den Opfern seien Kinder, Frauen und ältere Menschen. "Pakistan behält sich das Recht vor, zu einem angemessenen Zeitpunkt, und mit Mitteln unserer Wahl auf diese Aggression zu antworten."
"Wir sollten eine starke Antwort geben"
Darwaish Khan, ein Bewohner der Stadt Peshawar im Nordwesten Pakistans, hält die frisch gedruckte Tageszeitung in der Hand. In riesigen Buchstaben titelt sie: "Indiens Angriff auf Pakistan."
Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP sagte er: "Wir waren bereit, mit ihnen zu verhandeln, aber sie haben unser Land trotzdem angegriffen. Sie haben etwas sehr Schlimmes getan." Pakistan und seine Machthaber sollten zuerst Verhandlungen mit Indien führen. "Und wenn sie es nicht verstehen, dann sollten sie eine starke Antwort geben."

1947 entließen die Briten den indischen Subkontinent in die Unabhängigkeit und teilten diesen auf. Aus der Teilung entstand neben dem überwiegend hinduistischen Indien der neue Staat Pakistan für Muslime. Die gewaltvoll verlaufene Teilung nährt bis heute eine erbitterte Rivalität. Seit ihrer Unabhängigkeit führten beide Länder drei Kriege gegeneinander, zwei davon um Kaschmir.
Guterres und Trump fordern Zurückhaltung
Der seit langem schwelende Konflikt zwischen den benachbarten Atommächten hat sich über Nacht dramatisch verschärft. UN-Generalsekretär Guterres zeigte sich tief besorgt und forderte beide Seiten zur Zurückhaltung auf.
US-Präsident Donald Trump setzt darauf, dass der Konflikt nicht weiter eskaliert: "Es ist beschämend. Viele Leute haben gewusst, dass etwas passieren würde, wenn man sich die Vergangenheit anschaut. Sie kämpfen schon seit vielen, vielen Jahrzehnten und Jahrhunderten, wenn man wirklich darüber nachdenkt." Er hoffe, dass es sehr schnell vorbei sei.
Der Militärschlag der Inder war seit Tagen schon erwartet worden. Am 22. April hatten mutmaßlich islamistische Terroristen im indischen Teil von Kaschmir 26 Menschen getötet - vorwiegend indische Touristen. Seitdem hatten sich die Spannungen zwischen Indien und Pakistan stetig verschärft.